Mittwoch, 18. September 2013

Meine Schule - Zwischen Uniform und Zungenpiercing

Hallo liebe Leser,
ich hoffe sehr, dass ich euch nicht langweile und werde weiterhin versuchen spannende Informationen an der richtigen Stelle mit ironischen Kommentaren zu untermalen. Achja, und verzeiht die provokante Überschrift, aber ihr wisst ja... Sex sells!

Wie versprochen, soll dieser Bericht ausführlicher über die Schule gehen, an der ich kurz nach Beginn meiner Reise  angefangen habe zu hospitieren und zu unterrichten.
Eine idyllische Schule


Die Escuela Normal Superior María Auxiliadora, an dieser Stelle möchte ich mal erwähnen wie mich seit Ankunft in diesem Land die Namensvergabe zunehmend hart auf die Probe stellt, denn die Kolumbianer lieben Doppelnamen und als wäre das nicht schon genug, erhält jedes Neugeborene nach dem Gesetz sowohl den Nachnamen des Vaters, als auch den der Mutter. Dies, und meine Unfähigkeit Namen Gesichtern zuzuordnen haben mich auch schon des öfteren in unangenehme Situationen gebracht.

Nun aber zurück zum Thema. Die oben genannte Schule gilt als eine der besten Schulen in der Region Antioquia, welche mit einem Bundesland in unserer Heimat zu vergleichen ist. Der Namensteil "Normal" verrät uns, dass es sich hierbei um eine Schule mit pädagogischer und sozialer Ausrichtung handelt. Dies spiegelt sich darin wieder, dass es Projekte, wie "Patio 13" gibt, das es sich zur Aufgabe macht Straßenkindern und solchen aus ärmeren Gebieten ein edukatives Nachmittagsangebot zu ermöglichen. Dieses Projekt wird immer von den Klassen 8, 10 und 13 durchgeführt.

Zwölftklässler


Mittlerweile haben sich auch die Schüler an mein doch so andersartiges Aussehen gewöhnt und starren mich nur noch an, wenn sie grade nichts anderes zu tun haben. Aber ein bisschen anstrengender als das angestarrt werden, ist das übervorsichtig behandelt werden von den Erwachsenen.

Aus meinen Memoiren:
An diesem besagten Freitagnachmittag, an dem ich zum ersten Male an dem Projekt für Straßenkinder partizipieren sollte, begab es sich, geboren aus missverständlicher Kommunikation, welche mir, gelinde gesagt, auf diesem Fleck der Erde nicht gerade untypisch zu sein erscheint, dass ich fälschlicherweise zu einem, doch eher als ein bisschen gefährlicher eingestufter Ort begeben habe, was im Nachhinein als untragbar und unverantwortlich abgestempelt wurde, sodass es doch viel sicherer sei, wenn ich, der ungefähr einen Kopf größer und zwanzig Kilo schwerer ist als alle anderen Kolumbianer, aus Schutzgründen an einen sichereren Ort versetzt werde und man lieber die Klasse 13A, die zufälligerweise nur aus Mädchen besteht, an diesen sagenumwobenen Ort der Gefahr schickt, damit ich auch ja am Ende unverletzt bleibe und man zur Krönung für mich entscheiden kann, dass ich doch besser auch noch mit dem Bus zur Schule fahren solle, da ich ja unterwegs überfallen werden könnte, was mir natürlich auch als äußerst sinnvoll erscheint, da ich nun in voller Bequemlichkeit und Sicherheit den Achtklässlerinnen, welche mutterseelenallein das unbewohnte und menschenleere Gebiet vor der Autobahn überqueren, aus dem Bus zuwinken kann, wohlen Gewissens, dass alle Personen angemessen geschützt sind und ich sie pünktlich zu meinem Deutschunterricht erwarten kann.

Um die Sache aufzupeppen habe ich versucht diese Erinnerung im Kleist´schen Novellenstil zu formulieren. Falls es mir Euren Erachtens nicht gelungen sein sollte, könnt ihr mir das natürlich gerne mitteilen.

Jetzt aber wirklich zurück zur ernsthaften Berichterstattung.

Die Normal ist eine Schule, die nach beenden der Schulzeit (das sind hier 11 Jahre) den Schülern ein praktisch-orientiertes Studium bis zu 13. Klasse anbietet, dass sich stark auch Pädagogik und Didaktik konzentriert. Diese Kurse und Praktika können sich die Studenten dann später in der Universität anrechnen lassen.

Nun kommt der Teil, auf den sich ein Lehrer natürlich nicht freut, die Beurteilung der Schüler.
Vorweg ist zu sagen, dass hier in der Schule auf zwölf Mädchen ungefähr ein Junge kommt. Die Schuluniform ist bis zur 11. Klasse Pflicht. Auffällig ist, zumindest für mich, dass sich viele Jugendlichen hier sehr früh und zahlreich piercen und tätowieren lassen. Auch der Kleidungsstil, wenn ich die Schüler manchmal nachmittags in der Stadt treffe, ist grade bei den jungen Mädchen sehr erwachsen. Genauso auffällig ist, dass es hier sehr viel junge Eltern gibt, die oft noch gar nicht volljährig sind.

Das passt natürlich nicht mit dem Konzept der Schule zusammen, da die Administration ausschließlich in den Händen der Nonnen liegt.

Ansonsten genießt an dieser Schule die Sprache Deutsch einen sehr großen Stellenwert und wird in fast allen Jahrgangsstufen unterrichtet. Natürlich auch von mir.
Huch! - Wo kommt der denn her?

Mit diesem plumpen Ende verabschiede ich mich von euch, bis zum nächsten Mal!